+ Aus dem Heiligen Evangelium nach Matthäus
Als aber Johannes im Gefängnis von den Werken des Christus hörte, sandte er zwei seiner Jünger 3 und ließ ihm sagen: Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr hört und seht: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt. Und glückselig ist, wer nicht Anstoß nimmt an mir!
Als aber diese unterwegs waren, fing Jesus an, zu der Volksmenge über Johannes zu reden: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? Ein Rohr, das vom Wind bewegt wird? Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Menschen, mit weichen Kleidern bekleidet? Siehe, die, welche weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige! Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: einen, der mehr ist als ein Prophet! Denn dieser ist’s, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten soll«. Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Reich der Himmel ist größer als er.
(Mt 11,2-11)
Gedanken zum Dritten Advent von Walter Tessarolo
Ich las und lese nicht täglich in der Bibel, aber als ich gefragt wurde, ob ich einen Text zum 3. Advent verfassen würde, habe ich das Buch der Bücher zur Hand genommen und mich in das gewünschte Kapitel vertieft.
Matthäus beschreibt in diesem Kapitel die Frage von Johannes an Jesus Christus und dessen Antwort an den Fragenden. Was wollen mir, dem Senioren, der soeben auf die Zielgerade seiner Lebensautobahn eingefahren ist, sagen? Was kann ich aus den Worten für mich und meine Zukunft entnehmen?
So wie Johannes, befinde ich mich ja auch in einer Art Gefängnis. Zwar bin ich nicht durch dicke Mauern und Gittern gefangen, fühle mich aber durch Gesetze, Bestimmungen, Regeln und weiteren Hürden eingeschränkt. Wie Johannes stellte sich mir auch schon öfters die Frage: «Ist es wirklich derjenige, der kommen soll, oder soll ich weiter auf den Messias warten?» Nach all dem vielen Leid der vergangenen zweitausend Jahre, regte sich bei mir auch schon mancher Zweifel und ich drohte mehrmals in meinem Glauben schwach zu werden. Es scheint, dass die menschliche Psyche einfach so beschaffen ist, dass wir immer erst in Zeiten von Not und Angst bereit sind, uns auf unseren Heiland und Retter zu besinnen. Wir machen es uns zu leicht, ihm die Verantwortung für alles zuzuschieben und gleichzeitig darauf hoffen, dass er alles wieder zurechtbiegen wird. Ich bin aber überzeugt, dass nur wir alleine dafür verantwortlich sind, was in der Welt geschieht. Wir wären aber durch unseren felsenfesten Glauben auch in der Lage Böses zu verhindern. Ich denke, dass dies der Auftrag war, den Jesus seinen Jüngern und damit auch uns mitgegeben hatte. Wir haben ihn einfach vergessen.
Nun, da ich mich wie beschrieben auf der Zielgeraden befinde, das Ziel hoffentlich aber noch in einiger Entfernung liegt, weiss ich, dass ich auf niemanden mehr warten muss. Er war schon da und es liegt nun an mir, den von ihm vorgeschriebenen Weg zu beschreiten. Ich weiss, dass dies der richtige Weg sein wird.
Wie hat es mein Nonno genau auf den Punkt gebracht, als der das Ziel erreicht hatte: «Era bello quaggiù, ma ora attendo con ansia la vita eterna». Für alle nicht italienisch sprechenden Leser meiner bescheidenen Zeilen, hier noch die Übersetzung: «Es war wunderschön hier unten, aber jetzt ich freue mich auf das ewige Leben». Was für meinen Nonno Geltung hatte, soll auch für mich gelten!